Der Himmel so weit
Das Erleben des Kontrasts von sich und Welt schafft eine Lücke, einen Raum – es passiert. Der Betrachter der Bilder Ranks betrachtet den gemalten Betrachter. Bild im Bild.
Die gemalten Figuren im Bild, noch als Silhouetten erkennbar, machen eine unheimliche, ungeheuerliche Begegnung – keine Bühne der Welt des Immergleichen, sondern die Totalität des Augenblicks.
Die Begegnung nimmt eine zufällige, kontingente Form an. Sie verleiht dem Bild in gewisser Weise den metaphysischen Status eines Ereignisses.
Diese romantische Konzeption wird so von der Künstlerin gesteigert, dass sie eine existenzielle Form annimmt. Diese existenzielle Form macht sie uns durch ihre Malerei erfahrbar. Oft experimentell angewandt wird diese Malerei selbst zu einem Ereignis, weder vorhersehbar noch berechenbar. Ein konstruierter, malerischer Augenblick. (Schallenberg, Berlin)
Bei Kathrin Rank wird auf umgekehrtem Weg das Erzählerisch-Figürliche verdinglicht. Ihre Bilder zeigen Ein- und Ausblicke in ausgedachte Landschaften und Räume aus Erinnerungen und dem World Wide Web und spielen mit der Wirkung von Licht- und Schattensituationen von Figuren, die durch Gegenlicht zu Silhouetten werden. Die Bildbetrachter*innen werden zu Beobachter*innen, welche voyeuristisch, wie in filmischen Suspense-Situationen von Alfred Hitchcock, gemeinsam mit den gemalten anonymen Betrachter*innen ins Bild blicken. Hierbei nähern sich die Betrachter*innen oftmals mit einem Fernglas im Geheimen dem Objekt des Begehrens und machen sich so das begehrte Fremde zu Eigen. Das Bildpersonal, auf seinen Umriss reduziert, ist auch in der Gruppe seltsam vereinzelt und in einer unergründlichen Distanz zu seiner Umgebung gefangen. Es schafft so einen offenen Denk- und Identifikationsraum für die Betrachter*innen, die in diesen Raum eintreten.
Wird die perspektivische Darstellung im Allgemeinen dazu verwendet, Raum und damit auch Zeit plausibel zu machen, fallen hier Nähe und Ferne, Raum und Zeit zusammen – Außenlandschaft wird zur Innenlandschaft. Der eben noch erlebte Augenblick wird eingefroren, das Wesentliche schält sich heraus. (M.Umlauf, GCB Kunstmagazin November 2020)