TEXTE ROBERT MATTHES
Street-Art ist die momentan gefragteste der neu entstandenen Stilrichtungen am Kunstmarkt. Der junge Künstler Robert Matthes überzeugt sowohl mit seiner hohen fantasiereichen, als auch malerischen Qualität. Vielschichtig bearbeitet Robert Matthes in seinen teilweise großformatigen Malereien sozial- und konsumkritisch gesellschaftliche Zusammenhänge, indem er treffsicher und originell verblüffende Bildsymbole miteinander kombiniert und übereinander häuft. Unterschiedliche Protagonisten tauchen seriell immer wieder auf, so auch die Schimpansen, die als Allegorie für das „gemeine Volk“ zu verstehen sind. Die großformatigen Arbeiten sind erzählerisch und als eine Art Schaukasten in eine chaotische Welt aufgebaut.
So auch die Arbeit „Dancing with a stranger 2“. Schimpansen klettern wie in einer Art seltsam gestalteter Affengehege mit Absperrbändern, Duftbäumen und vielen weiteren Bildelementen umher. Dazwischen vereinzelt Menschen, die in der Masse der Affen nahezu untergehen, verkrümmt sind, von der Decke hängen oder mit Klebeband an der Fliesenwand befestigt sind. Die Schimpansen scheinen ganz klar die Oberhand in diesem chaotischen Szenario zu haben. Ein Chaos übersäht mit politischen, medialen und gesellschafskritischen Symbolen. Die Betrachter*innen werden durch den direkten Blickkontakt des vordersten Schimpansen angesprochen. Man könnte meinen es wird uns ein Spiegelbild vorgehalten, wo wir nicht mehr klar erkennen können was Mensch und was Tier ist. Verrückt und doch teilweise menschlich agieren die Affen, was diesen Effekt verstärkt. „Dancing with a stranger“ deutet auf einen Tanz hin, der sich bei genauerer Betrachtung des Bildes aus diesem Chaos herauskristallisiert. Das uns sehr bekannte Familienspiel „Twister“ wird hier von Menschen und Affen gespielt. Die dazugehörigen Punkte in Gelb, Grün, Rot und Blau sind an den Fliesen, egal ob Boden oder Wand, angebracht, sogar das Drehrad hält der vorderste uns anstarrende Schimpanse in der Hand. Nun ergeben die Kletteraktionen und seltsamen Haltungen von Mensch und Affe Sinn, denn Verrenkungen sind ein wichtiger Bestandteil des Spiels. Indirekt wirkt es, als ob die Schimpansen tanzen würden, doch obwohl wir mit dem Spiel vertraut sind, so hat es durch die bizzaren Elemente etwas Befremdliches. Ein Tanz mit Fremden, aber wer ist hier der Fremde? Biologisch ist der Mensch eigentlich mit dem Affen verwandt und doch scheint das friedliche Miteinander nicht mehr zu funktionieren. Wer wird wohl in diesem Spiel, diesen Tanz, gewinnen? (M.Umlauf, GCB Kunstmagazin November 2020)
Träge und übersättigt bewegen wir uns tagtäglich durch unser modernes Schlaraffenland – alles flirrt und pulsiert, denn Bilder beherrschen die Welt. Sie erklären, verweisen, verführen, verzerren, verdecken, verfremden. Sie können allerdings durch den Entzug von konkreten Informationen Wirklichkeit(en) sichtbar machen. Sie erzeugen eine vielschichtige Erzählung und entziehen sich damit einer eindeutigen Rezeption. Robert Matthes Werke sollen in der Ausstellung einen „Blick unter die – flirrende und pulsierende – Oberfläche“ ermöglichen, die oft Verwirrung stiften kann und dadurch von den eigentlichen Problematiken ablenkt. Der Künstler entpuppt sich so als ein äußerst wachsamer
Beobachter der Zeigeschichte und Gegenwart. Mit äußerster Sorgfalt sammelt er visuell all das, was ihm, sei es durch die Medienwelt oder durch direktes Erleben, vor den Augen erscheint und mental beschäftigt. Anschließend bearbeitet der Künstler in seinen teilweise großformatigen, aber immer vielschichtigen Malereien sozial- und konsumkritisch gesellschaftliche Zusammenhänge, indem er in comicartiger Street-Art-Manier treffsicher und originell verblüffende Bildsymbole und Motive aus Film- und Kunstwelt miteinander kombiniert und übereinander häuft. Seine Arbeiten sind so vor allem erzählerisch und wie Schaukästen in eine scheinbar chaotische Welt aufgebaut. Unterschiedliche Protagonisten tauchen seriell immer wieder in seinen Bildwelten auf, die als Allegorie für das „gemeine Volk“ zu verstehen sind und teils mit den Beobachtern zu interagieren scheinen. Robert Matthes überzeugt als Künstler sowohl mit seiner äußerst fantasiereichen, als auch ausgezeichnet malerischen Qualität. | Maximilliane Umlauf | März 2023
„Bon voyage“ wünscht Robert Matthes dem kleinen Prinzen, der seinen winzigen Planeten gegen einen verbeulten Satelliten eingetauscht hat. Eine gute Reise in eine alptraumhafte, chaotische Welt. Der Künstler erzählt mit den malerischen Mitteln der Street-Art in nur einem einzigen Bild eine ganze phantastisch-dystopische Graphic Novel – eine dichte, bizarre Collage aus literarischen und alltäglichen Zeichen. Jeder Versuch, die Symbole und ihre komplexen Verknüpfungen zu entschlüsseln, bleibt im Vermutenden stecken. Sind die rotverschmierten weißen Kaninchen Bewohner eines dunklen, skurrilen Wunderlands, sind sie Opfer von Gewalt, sind sie Kannibalen? Verweist der Stern auf das Logo eines bekannten deutschen Printmediums? Liegt der Schlüssel zum Überleben des Individuums angesichts der geistig nicht mehr verkraftbaren Fülle von Bildern in der Verweigerung? Im „Sendeschluss“?
Der Künstler provoziert zu einem Blick auf die Situation des modernen Menschen, der rund um die Uhr von medialen Bilderfluten überfordert und manipuliert wird. Das Surreale, das offensichtlich Absurde der rätselhaften Collagen von Robert Matthes hinterfragt kritisch die Praktiken visueller Kommunikation und die Second-Life-Welten des World-Wide-Web. (Petra Brüning, Haller Tagblatt, 02. März 2023)