Münch, Hanspeter

Hanspeter Münch: Über meine Bilder

 

Malerei ist eine Kunst, die sich in der Fläche verwirklicht. Sie lebt aber, je komplexer sie realisiert ist, von gestalterischen Gegensätzen. Die Kunst war und ist es, diese Widersprüche möglichst vielgestaltig in neue Ganzheiten zu integrieren. Im 20. Jahrhundert führten die Künste demgegenüber die Wege und Möglichkeiten der Reduktion in diesen künstlerischen Mitteln vor Augen. Diese wurden bis hin zu ihrer Negation, ihrer Aufhebung, aber auch ihrer Erweiterung in den Realraum und in den Einbezug der neuen Medien weitergeführt. Es ging stets um Grenzerweiterungen. Solche Auffassungs- und Vorgehensweisen der sogenannten Avantgarde erscheinen heute linear, hinreichend verwirklicht und historisch. Ich halte im 21. Jahrhundert neue Sichtweisen auf die Kunst für erforderlich, substanzielle Kunstauffassungen für erstrebenswert, die über den Brückenschlag zu großen malerischen Epochen zu neuen Bewertungen kommen. Malerische Untersuchungen, realisiert aus der Autonomie und Komplexität der künstlerischen Mittel, ermöglichen die Öffnung der Malerei zu neuen und spezifischen, vielschichtigeren Erfahrungs- und Reflexionsebenen. Sie werden sich auch als Gewinn für die autonomen Betrachter erweisen. Dieser Auffassung habe ich in meinen Bildern Gestalt gegeben, indem aus der Flächenfarbe nicht nur Raumtiefe erzeugt, sondern auch ihr Gegenpol Raumvolumen, also Plastizität entwickelt wird. Farbschichtungen und Lasuren erzeugen den Bildkörper, die Farbmodulationen einen Schwingungsraum, der zwischen dem Bildgrund und dem Betrachter atmet. Farbvolumen lassen auch stoffliche Differenzierungen entstehen und evozieren damit ganz unterschiedliche Assoziationen. Sie wirken nun nicht mehr, wie in der abstrakten Malerei, von der Natur zum Bild, sondern umgekehrt vom Bild zur Natur. Malerei konkretisiert sich neu aufgrund ihrer Körperlichkeit und aus der Autonomie komplexer künstlerischer Mittel. Sie erschließt damit neue Wirkungskreise.

Hanspeter Münch 2010